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Festivalbericht | Wolfweez Open Air – Irslingen | 07. & 08. Juli 2023

Wo Wolf und Hase sich gute Nacht sagen, dort wo Wiese und Wald sich treffen, da liegt das Festivalgelände des Wolfweez Open Air. Etwas genauer findet man es in Irslingen, kurz vor Rottweil. Schon bei der Anfahrt trifft man auf weite Felder mit perfektem Blick auf den Rottweiler Testturm, welcher nachts auch noch hell erleuchtet ist. Wird vielleicht er statt des Mondes angeheult? Wir werden es noch erfahren. 

Das Wolfweez ist ein junges Festival, ausgerichtet von der „Musikinitiative Irslingen 2019 e.V.“. Es bietet es vielen lokalen Nachwuchsband eine Plattform und zieht neuerdings auch durchaus bekannte Namen an, um die Abende zu füllen. Eine familiäre Familie wollen die Organisatoren erzielen und mit ordentlich Regionalbezug kombinieren. 

Freitag 07. Juli 

Die hölzernen Tore zum Festivalgelände öffnen sich um kurz nach 5, was einen Sturm auf die Bierstände losbricht. Der Durst ist groß, denn dieses Juni Wochenende verspricht eins der heißenten zu werden. Um diesen weiter anzufeuern, legen „Madhouze“ aus Tuttlingen auf der Bühne los. Das Trio spielt Blues-lastigen Hard-Rock und hat mächtig Spaß auf der Bühne. Immerhin ziehen schon knapp 100 Leute vor die Bühne und nicken oder klatschen im Rhythmus. Immer wieder wird ein neues „Stückle“ angekündigt. Die 30 Minuten Set sind schnell rum und legen eine gute Basis für den weiteren Verlauf des Abends. 

Die nächsten sind ebenfalls ein lokales Trio. „Avralize“ aus Rottweil hatten mit Abstand die kürzeste Anreise und sind auch die jüngste Band des Festivals. Ihr Alter merkt man ihnen allerdings nicht an. Ihr moderner Metalcore ist sauber produziert, gleicht den Mangel an Musikern mit saftigen Backtracks aus und bringt die Zuschauer zum Toben. Etwa 500 von ihnen sind jetzt auf dem Gelände des Wolfweez. Einige starten den ersten Moshpit was Sänger Severin einfach nur „Geil geil geil!“ findet. Allgemein sind die Newcomer sehr dankbar und genießen ihren halbstündigen Auftritt in vollen Zügen. Auch das Publikum hat sichtlich Spaß und honoriert die Musiker mit langanhaltendem Applaus. 

Nach einer kurzen Umbaupause entern die selbstbetitelten „Masters of Black Romantic“ die Bühne. Die Rede ist natürlich von „Stormwitch“. Die Band besteht mit einigen Unterbrechungen und vielen Besetzungswechseln seit 1979, ist damit also älter als die meisten Gäste des Wolfweez. Dennoch finden sich viele Fans vor der Bühne ein, welche den barocken Heavy-Metal textsicher begleiten. Große Moshpits sind nicht zu erwarten, die Stimmung ist trotzdem ausgelassen und wird vor allem von einigen angereisten Familien genossen. Sie lassen ihre Sprösslinge, ausgestattet mit Gehörschutz, durch die Menge toben, oder bieten ihnen einen perfekten Ausblick von den Schultern. Die 90 Minuten Set ziehen sich dann trotzdem doch ein wenig, aber für alle anderen gibt es ja noch Grill- und Bierstände, um alle Mangelerscheinungen zu stillen. 

Der Headliner des heutigen Abends ist „Mystic Prophecy“. Mit den Allgäuern haben die Wolfweez-Macher echte Trash-Metal Legenden auf die Bühne geholt. Schon früh im Set knallen die Musiker ihren Hit „Unholy Hell“ raus, welcher aus tausend Kehlen mitgegrölt wird. Die Pausen zwischen den Songs nutzt Frontmann Roberto Dimitri Liapakis um dem Publikum mit „Hey Hey!“-Rufen weiter einzuheizen. Diese lässt zum Dank die Pommesgabeln im Takt fliegen. Zusammen kreieren Band und Besucher eine herrliche Metal-Symbiose.  

Das Cover von Mike Oldfields “Shadow on the Wall” wird ebenso mitgesungen, wie „Here comes the Winter”. Bei letzterem rennt Gitarrist Markus Pohl beinahe noch die Bassistin Joey Roxx um, als er auf dem Weg zu seinem Mikro ein wenig sprinten muss. Ob dies der Grund ist, dass Joey beim letzten Song inklusive Instrument die Traverse erklimmt, muss sich noch rausstellen. Auf jeden Fall ist „Metal Brigade“ ein fantastischer Abschluss für das Set und heizt der kleinen Lichtung in Irslingen nochmal richtig ein. 

Als letztes dürfen am Eröffnungstag die Stuttgarter von „Fateful Finality“ ran. Leider hat sich das Infield nach dem Headliner merklich geleert und nur noch etwas 300 Leute stehen vor der Bühne. Die Thrash-Metaller lassen sich aber nichts anmerken und bringen die Bühne im wahrsten Sinne des Wortes zum Beben. Die Musiker springen im Gleichtakt, sodass der Boden wippt. Die Fans tun es ihnen gleich und testen die Kippfestigkeit des Wellenbrechers. Damit dieser aber am morgigen Festivaltag auch noch steht, muss kurz die Security eingreifen. Die überschüssige Energie der letzten Gäste wird stattdessen nun in einem amtlichen Moshpit verbraucht. Nach einer Stunde verlassen Band und Zuschauer erschöpft und glücklich das Gelände. Der Erste Tag des Wolfweez geht damit abwechslungsreich zu Ende. 

 

Samstag 08. Juli 

Die Sonne zeigt schon früh ihre Kraft und kündet von einem heißen Tag. Die meisten Camper treibt es schon früh aus ihren Zelten. Ein Glück, dass die Macher des Wolfweez Open Air vorgesorgt haben. Um 10.30 Uhr wird das Gelände geöffnet und die ersten Fässer angezapft. Für diejenigen, denen der letzte Abend noch schwer im Magen liegt gibt es auch Kaffee und Frühstück in fester Form. Dazu spielen die „Lustigen Wildecker“ ein paar zünftige Ständchen. Zu Moshpits führt die Blasmusik zwar nicht, doch die Mischung aus Anwohnern und Metalfans sorgt bei diesem offenen Frühschoppen für eine entspannte und bierselige Stimmung. Gegen 15 Uhr wurde das Gelände dann wieder geräumt, damit zum einen die Bands ihren Soundcheck beginnen konnten und andererseits der Rest des Geländes für die kommende Metal-Party vorbereitet werden konnte. 

Den Anfang machen die Newcomer von „FearPark“. Kräftiger True-Metal ohne viele Schnörkel, dafür aber mit hörbaren Einflüssen von „Iron Maiden“ und „Blind Guardian“, tönt aus den Instrumenten der fünf Balinger. Hoch motiviert und mit einer erstaunlichen Fingerfertigkeit heizen die Jungs den ersten knapp 100 Gästen ein. Dazu noch ein Sänger der seine Stärken wunderbar umsetzt. Als dann als letzter Song auch noch ein Cover von „Valhalla“ erklingt, gibt es im Publikum endgültig kein Halten mehr. Aus allen Kehlen wird mitgegröhlt und die Band mit zünftigen Rufen nach einer Zugabe verabschiedet. Das war schonmal ein guter Einstand in den Nachmittag. 

Als nächstes dürfen wieder Lokalmatadore ran. „Sirius Curse“ rekrutiert seine Mitglieder in Rottweil und Villingen-Schwenningen, daher ist es auch nicht verwunderlich, dass man einige der Musiker schon am Freitag auf dem Gelände gesehen hat. Das Gelände füllt sich allmählich, was Frontmann Peter Hirsch erstmal einen kleinen Test starten lässt. Auf sein Kommando fliegen die Fäuste und Pommesgabeln im Publikum von links nach rechts. Die Rhythmen fühlen sich vertraut an, die Melodien zeigen einen progressiven Einschlag. Insgesamt bekommen die Zuschauer einen guten sauberen Heavy Metal kredenzt, welchem man die langjährige Bühnenerfahrung anmerkt. „Sirius Curse“ ist nicht unbedingt die Band für ausschweifende Circle-Pits, aber zum Headbangen ist mehr als genug Gelegenheit. Ein solider Auftritt, der Lust auf mehr macht. 

Doch bevor wir uns weiter mit lokalen Bands beschäftigen können, rollen „Xandria“ bereits ihr Equipment auf Bühne. Der Soundcheck ist schnell vorbei, vielleicht etwas zu schnell, denn die ersten 30 Minuten kämpfen alle Musiker massiv mit Problemen. Vor allem Sängerin Ambre Vourvahis scheint nichts zu hören. Sichtlich irritiert drück sie am Empfänger ihrer In-Ears herum. Auch bei den anderen scheint es nicht besser zu laufen. Viele fragende Blicke Richtung Mischpult, ein Techniker der die erste Hälfte des Sets am Bühnen-Laptop herum tippt. All das ist kein guter Start für die erst letztes Jahr in neuer Besetzung wieder durchgestartete Band.  

Das Songmaterial ist hervorragend. Ein Mix zwischen alten Songs, welche aus der Zeit mit Dianne van Giesbergen stammen, sowie neue Kompositionen wechseln sich ab. Leider kommt davon beim Publikum nicht viel an, da auch aus der Anlage nur sehr matschiger Sound kommt. Die deutsch-griechische Band tut sich schwer an diesem Tag, obwohl sie hoch motiviert gestartet sind. Nach 40 Minuten des einstündigen Sets ist auf einmal der Sound da. Klar und druckvoll schmettern die Symphonic-Metal-Hymnen auf die Lichtung des Wolfweez ein. Fast schon studioreif klingt der Mix. Vielleicht wurde da ein bisschen mit Backtracks nachgeholfen, nach den anhaltenden Querelen mit der Technik sei dies aber verziehen. Etwas geknickt, aber mit ehrlichem wohlwollendem Applaus verziehen sich „Xandria“ nach ihrem Set in den Backstage-Bereich. 

Etwas hektischer wird es jetzt wirklich hinter der Bühne. Das liegt dieses Mal jedoch an „Freedom Call“ deren Tourbus erst in dem Moment auf das Gelände einbiegt, als die Nürnberger schon ihren Soundcheck machen sollten. Die Power-Metaller kamen gerade erst aus Spanien und warteten in Frankfurt viel zu lange auf ihr Gepäck, sodass die Anreise zum Wolfweez sehr knapp wurde. Doch wozu ist man auf einem Festival. Bereits während der Fahrt wurde geklärt, dass Dummer Timmi Breideband wohl oder über auf dem Stage-Kit des Festivals spielen muss, Warkings und Xandria stellten bereitwillig fertig gestimmte Gitarren zur Verfügung.  

Mit nur 10 Minuten Verzögerung standen die Musiker dann endlich auf der Bühne und im Publikum merkte man von dem Stress nichts. Sänger Chris Bay heizt den Gästen richtig ein, unterstützt von der immer noch bratenden Sonne. Er grinst und lacht, schmettert eine Hymne nach der anderen raus. Egal ob „Metal Invasion“, „Power & Glory“ oder „Metal is for everyone”, Band und Musiker feiern zusammen, lassen alle Hemmungen fallen und genießen gemeinsam die Show. Es wird gegrölt, gemosht, gebangt und getrunken. Power Metal ist immer gut, um die Stimmung hochzuziehen, doch vor „Freedom Call“ muss man die Base-Cap oder wahlweise den Hut ziehen. Mit dieser Zeitschiene eine solche Show abzuliefern, schaffen nur absolute Profis. Wenn man von Profis spricht, muss man auch die Organisatoren des Wolfweez loben. Anstatt den Auftritt von „Freedom Call“ zu kürzen, um im Zeitplan zu bleiben, verschieben sie einfach alle folgenden Auftritte um 15 Minuten, und lassen so jeder Band den Raum, der eingeplant war. Das honoriert auch das Publikum und entlässt die Musiker nach Ihrem Set unter lauten „Zugabe“-Rufen in ihre wohlverdiente Erholungspause. 

Nicht ganz ausverkauft aber mit etwa 1.400 Leuten ordentlich besucht ist das Wolfweez mittlerweile. Die Umsätze an den Bierständen sind ordentlich, die Grundstimmung gut und dank des Sonnenuntergangs wird es auch endlich ein bisschen kühler. Doch lange bleibt das nicht so, denn nun betreten die „Kings“ die Bühne. Unter der epischen Ansage ihres hammerschwingenden Maskottchens „Hephaistos“ schreiten die Krieger auf ihre Positionen. Vom Publikum mit donnernden „A-Hu“-Rufen angefeuert preschen die Helden voran. Der Tribune hat die Menge vor der Bühne fest im Griff, willig folgt sie seinen Anweisungen zu allerlei Mitmachaktionen. Zwischendrin kreischt die Gitarre des Kreuzritters, der mir irgendwie bekannt vorkommt. Unter der Maske ist das aber schwierig zu sagen.  

Das Set erreicht seinen Höhepunkt als die Duette mit Morgana le Fay beginnen. Etwas melodiöser wird der Power-Metal in dieser Zeit. Fast ein wenig romantisch ist das Lichtermeer aus Handylampen, welches zur obligatorischen Ballade erleuchtet. Doch „Warkings“ wären nicht die „Kings“, wenn es nicht doch wieder etwas härter würde. Hephaistos teilt das Publikum in der Mitte und auf einen an Thor erinnernden Schlag mit seinem Hammer, startet die Wall-of-Death. Nach einer kleinen Pause gibt es noch zwei Zugaben, danach verlässt der heutige Headliner die Bühne.  

Leider trifft dies auch auf einen Großteil der Gäste zu, welche gebeutelt von der Kombination aus Hitze und Alkohol das Gelände verlassen. So haben die fünf Rheinländer von „Never Back Down“ eine schwere Aufgabe vor sich. Zum einen merkt man den Zuschauern die zwei Tage Festival bereits deutlich an, zum anderen ist ihre Mischung aus Hard- und Metalcore ein krasser Kontrast zu dem gut verdaulichen Power-Metal von „Warkings“. Frontmann Daryl gibt sich wahrlich Mühe das Publikum zu begeistern, sorgt mit seinem Wolfgang Petry Tank-Top auch für einige Lacher im Publikum. Leider will der Funke nicht so richtig überspringen. Musikalisch ziehen die fünf Musiker alle Register und zeigen von sanften Clean-gesängen bis hin zu heftigen Breakdowns ihre Variabilität. Als Closing-Act auf dem Wolfweez ist diese Kombination aber scheinbar zu anstrengend, und so bleibt nach einer guten Stunde Set nur ein Ehrenapplaus für die aufstrebenden Band. 

Der Wolfweez-Crew merkt man die Strapazen auch an, trotzdem starten sie immer noch motiviert den Abbau des Geländes. Das Wolfweez Open Air 2023 ist Geschichte. Ein spannender Mix aus überraschenden Newcomern, alten Hasen und großen Namen ist ein guter Ansatz, um dieses Festival weiter zu etablieren. Im Schwarzwald ist Platz für weitere Metal-Festivals. Die familiäre Atmosphäre und die außergewöhnliche Location auf der kleinen Lichtung können überzeugen. Bei der Ausfahrt vom Gelände wird man direkt aufgefordert sich das erste Wochenende im Juli 2024 zu merken. Wir sind gespannt, was sich die „Musikinitiative Irslingen 2019 e.V.“ für das nächste Jahr einfallen lässt. 

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Über den Autor des Beitrags

Eightrocks

Hört am liebsten Symphonic- sowie Powermetal, kann sich aber auch für Pagan und Metalcore begeistern. Wenn er gerade einmal nicht mit Achterbahnen spielt, ist die Kamera im Anschlag.

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