Fashion Beast 01: Gefeuert
Abgehobene Designer, knallharte Laufsteg-Castings, hochnäsiges Model-Business. Eigentlich nicht gerade meine Welt. Und trotzdem war ich extrem neugierig auf die Graphic Novel “Fashion Beast”. Schuld daran waren vor allem die beiden Autoren der Story: Alan Moore und Malcolm McLaren, zwei überzeugte Anarchisten und zwei Namen, zu denen man eigentlich nicht viel Worte verlieren muss.
Während sich Moore seit den Achtzigern mit “Watchmen”, “V wie Vendetta” oder auch “Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen” in der Welt des Comics, und durch deren Verfilmungen über die Mediums-Grenzen hinweg, Kultstatus erarbeitet hat, war der 2010 verstorbene Designer und Musiker McLaren vor allem als Manager der legendären Sex Pistols bekannt.
Hinzu kommt die ungewöhnliche Entwicklungsgeschichte des Comics. Schon 1985, noch während seinen Arbeiten an “Watchmen”, entwickelte Moore die Grundlage zu “Fashion Beast”, damals als Drehbuch für einen Spielfilm, der aber nie umgesetzt wurde. Stattdessen verschwanden die Manuskripte erst einmal in der Schublade und wurden erst knapp 30 Jahre später, als der amerikanische Verlag Avatar Press eine neue Graphic Novel mit Moore bringen wollte, wieder hervorgekramt und mit Antony Johnston zum Comic adaptiert.
Die Idee, die hinter “Fashion Beast” steckt, ist, die Geschichte eines öffentlichkeitsscheuen Modeschöpfers (Vorbild ist Christian Dior) mit dem Märchen “Die Schöne und das Biest” zu verbinden. Dass das Ganze nicht wirklich märchenhaft erzählt wird, kann man sich dabei angesichts des genannten Urheber-Duos unschwer vorstellen.
Schauplatz der Geschichte ist New York. Allerdings nicht in unserer Gegenwart, sondern in einer düsteren Zukunft mit Endzeit-Flair. Das Land befindet sich im Krieg. Atomare Strahlung abzubekommen ist nicht allzu ungewöhnlich, und jeden Moment droht ein Atombomben-Angriff und der darauf folgende, nukleare Winter. Eigentlich ist das Letzte, was die Menschheit gerade braucht, Prêt-à-porter-Mode des Modeschöpfers Celestine. Und trotzdem steht dieser an der Spitze eines großen, angesehenen Imperiums, dessen Leuchtreklame oben auf dem Hochhaus über die ganze Stadt prangt.
Und dann ist da noch Doll (Vgl. “Belle”, die Schöne), die zwischen den Geschlechtern schwankt, sich aber auf jeden Fall gerne wie eine Frau anzieht und selbstbewusst auftritt. Sie arbeitet an der Garderobe eines Szene-Clubs. Jedenfalls bis zu dem Abend, an dem eine burschikose Kundin aus Wut die Garderobe der Gäste verwüstet und Doll dafür entlassen wird.
Kurzerhand entschließt Doll sich, es als Model bei Celestine zu probieren – und bekommt einen Job. Dort trifft sie allerdings wieder auf den Grund für ihren Rauswurf und muss sich mit diesem arrangieren. Obwohl Doll unkonventionell bis zickig daherkommt, scheint Celestine Gefallen an ihr zu finden…
Die finsteren Zeichnungen von Facundo Percio setzen die schaurige Zukunft gekonnt in Szene. Erzählweise, Perspektive sowie die Panel-Aufteilung machen, wie man es aus der Hintergrund-Geschichte zur Graphic Novel schon fast erwartet, tatsächlich hier und da einen filmischen Eindruck. Ingesamt optisch wirklich sehr gelungen.
Wer ganz unbedarft, einfach als Moore-Fan zu “Fashion Beast 01: Gefeuert” greift, wird sich vermutlich verwundert die Augen reiben. An Stelle von Super- oder Antihelden gibt es hier skurrile Figuren in einer noch bizarreren Umgebung, und wo man sonst den Kampf zwischen Gut und Böse sieht, stehen zwischenmenschliche Konflikte und Beziehungen im Vordergrund.
Wie so oft, lässt der erste Band leider noch nicht eindeutig erkennen, welche Art von Story wir noch zu erwarten haben. In den dunklen Ecken der Geschichte scheint es aber noch so manches Geheimnis zu geben. Man darf gespannt sein. Wann der zweite Band mit den zweiten fünf Kapiteln (entsprechend den Heften der US-Originalausgabe) erscheinen wird, ist derzeit noch nicht bekannt.
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