Konzertbericht | Thy Art is Murder – “Godlike”-Tour | Support: Spite, Fit for an Autopsy & Whitechapel | 15.10.2023 – Z7 Pratteln
Seit mal ehrlich, wer von euch mag es auch mal gepflegt ein paar Stunden angeschrien zu werden? Fast 2000 Gäste in der ausverkauften Konzertfabrik Z7 waren auf jeden Fall dafür zu haben, sich knapp 3 stunden feinsten Deathcore in den Schädel zu rammen.
„Thy Art is Murder“ hatten zu ihrer „Godlike“-Tour geladen und präsentieren neben dem neuen gleichnamigen Namen, auch noch einen neuen Frontmann. Unterstützt wurden die Australier von gleich drei amerikanischen Bands des gleichen Genres. „Spite“, „Fit for an Autopsy“ und „Whitechapel“ gaben sie alle Mühe dem Publikum richtig einzuheizen.
Auch das Z7 hatte sich auf das kommende vorbereitet. Der Graben zur Bühne war deutlich vergrößert worden, zudem standen deutlich mehr Securities und Sanitäter als üblich bereit. Kleiner Spoiler, sie alle hatten ausreichend Zeit die Konzerte zu genießen, denn es blieb erstaunlich ruhig.
Spite
Den Anfang machten um 18.00 die Kalifornier von „Spite“. Ungewöhnlich für diese frühe Zeit ist das Z7 schon krachvoll. Mit den ersten kreischenden Gitarren wird das Publikum zum Circle Pit aufgefordert, es sollte nicht der letzte des Abends sein. Mit brutalen Pig-Sreams und Breakdown heizen die fünf dem überwiegend jungen Publikum ordentlich ein. Sänger Darius Tehrani dreht mit seinem lockigen Haar einen Propeller nach dem anderen und ist sonst selten mehr als 10 Sekunden auf der gleichen Stelle der Bühne zu finden.
Überall in der dicht gedrängten Menge der Zuschauer wird gebangt und gemosht. Die Temperaturen im Z7 steigen bereits. 30 Minuten gibt es von den Jungs aus dem Sunshine-State richtig auf die Fresse. Zum Abschied schreit der Frontmann dann noch in typisch amerikanischem Gehabe „We are Spite motherfuckers“ in die tobende Halle. „Spite“ haben jedenfalls schonmal die Messlatte für den Abend hochgelegt.
Fit for an Autopsy
Nach einer kurzen Umbaupause geht es auf die andere Seite der Vereinigten Staaten, nämlich nach New Jersey. Von dort kommen „Fit for an Autopsy“ und machen ohne Umschweife direkt dort weiter, wo „Spite“ aufgehört haben. Drummer Josean Orto prügelt auf sein Kit ein und gibt damit den Takt vor, in dem die Haare des Publikums sich bewegen. Mosh- und Circle-Pits bilden sich von allein, bis zum Mischpult ist fast die komplette Menschenmenge in Bewegung. Unter den drückenden Growls von Joe Badolato kocht die Stimmung über.
Vor „Pandora“ wird es kurz etwas ruhiger, alle Pommesgabeln gehen synchron in die Luft und feuern das Sextet für den Schlussakt nochmal an. Die 100dB Marke auf der Schalluhr wird immer wieder geknackt, aber man sieht viele Gäste mit Gehörschutz. Zum Abschied nach 35 Minuten, werden „Fit for an Autopsy“ mit einem langen Applaus verabschiedet, welcher auch einem Headliner würdig wäre.
Whitechapel
Weiter geht es mit amerikanischem Deathcore. Nun aus der Mitte des Landes, mit „Whitechapel“ aus Tennessee. Wobei Deathcore nicht reicht, um die Band zu beschreiben. Immer wieder reiten sie auf der Grenze zum Death-Metal, was sie ironischerweise zur „sanftesten“ Band des Abends macht. Auch der Start ist etwas ruhiger als bei den anderen beiden und immer wieder blitzen komplexe Melodien zwischen dem Geschrei von Sänger Phil Bozeman auf.
Versteht mit nicht falsch, es geht immer noch zur Sache und bei „We are one“ bildet sich der größte Circle Pit des Abends. Bei den Nebelwolken, die in der Halle umherwabern, kann man sich auch nicht sicher sein, ob sie vom Schweiß der Gäste oder von den Maschinen auf der Bühne erzeugt werden. Ab und an gehen Crowdsurfer in die Luft, um sich das Phänomen aus der Nähe anzusehen. Zum Schluss des 45 Minuten langen Sets gibt es noch den Banger „This is Exile“. Ob es kurzfristige Erschöpfung ist, oder doch an den teilweise vorhandenen Melodien lag, „Whitechapel“ bekommen deutlich weniger Applaus zum Abschied als ihre vorangegangen Landsmänner.
Thy Art is Murder
Die Umbaupause nutzt die Crew des Z7 um die Halle nochmal kurz durchzulüften, das ist an diesem Punkt auch notwendig. Auf der Bühne wird indes Platz geschaffen für die Australier von „Thy Art is Murder“. Wie bereits erwähnt brachten fünf erst ganz frisch ihr sechstes Album „Godlike“ raus und nannten die Tour auch entsprechend. Die Platte verzögerte sich jedoch um eine Woche, denn kurz vor dem Release wurde alle Vocals nochmal neu aufgenommen. Aufgrund von Transphoben Äußerungen mussten „Thy Art is Murder“ von ihrem alten Sänger Chris „CJ“ McMahon trennen. Neu am Micro steht Tyler Miller und muss sich den eingefleischten Fans erstmal beweisen.
Doch zuerst bringt das Intro die Menge in der Halle zum Tanzen. Die Bühne wird in Regenbogenfarben getaucht, als das Intro mit „We like to Party“ von den „Vengaboys“ startet. Die Gäste fühlen sich wohl größtenteils in ihre Jugend zurückversetzt, bejubeln sie doch infernalisch die Songauswahl. Direkt danach setzt mit „Detroyer of Dreams“ direkt der erste Song aus dem neuen Album an. Der Frontmann besteigt von Flammenwerfern umringt die Bühnenfront und gibt die Marschrichtung für das Konzert vor.
Bei „Death Sqaud Anthem“ folgt das Publikum seiner Aufforderung einen Circle Pit bilden, welcher nahtlos bis in „Make America hate again“ hineinläuft. In gewohnt druckvoller Manier hauen die Gitarristen Andy Marsh und Sean Delander in die Saiten. Auch Drummer Jesse Beahler malträtiert seine Felle, hat dabei auch noch den besten Überblick über die Halle, von seinem knapp 3 Meter hohen Podest.
Tyler beherrscht die Songs schon außerordentlich gut, bringt etwas eigenen Stil hinein und performt, als wäre er schon immer ein Teil von „Thy Art is Murder“. Dass dem nicht so ist, lässt ihn leider immer wieder ein Teil des Publikums spüren. Hin und wieder schallen laute „CJ“ Rufe in Richtung Bühne. Ähnlich kontrovers wie die Äußerungen des Ex-Sängers, scheinen manche Fans seinen Rauswurf zu sehen. Tylor Miller kontert nach „Bermuda“ in dem er sich kurz mit den Worten „I’m Tyler Miller – the new guy. It is what it is“ vorstellt und sofort passend in „Human Target” überleitet.
Gesanglich beherrscht er die komplette Klaviatur, welche für den brutalen Deathcore notwendig ist. Auch als seine Beweglichkeit auf die Probe gestellt wird, bleibt er souverän. Bei „Keres“ fliegt eine kleine Wasserflasche aus dem Publikum auf die Bühne, welche er gekonnt mit der freien Hand fängt und zurückwirft. Es bleibt bei diesem kleinen Zwischenfall.
Kurz vor den Zugaben scheint Tyler einen guten Teil seiner Kritiker überzeugt zu haben. Die Rufe nach Zugaben überschallen die nach seinem Vorgänger auf jeden Fall um Welten. Die geforderten Zugaben gibt es noch mit „Reign of Darkness“ sowie „Puppet Master“. Bei letzterem springt und klatscht das komplette Z7 während auf der Bühne die Flammenwerfer ihr Bestes geben, die Luft wieder zum Kochen zu bringen. Nach kurzweiligen 70 Minuten verlassen „Thy Art is Murder“ die Bühne unter brüllenden Applaus. Die Kritiker sind verstummt oder trollen sich über den vor lauter Bierdosen knirschenden Boden nach Hause. Die Australier haben mit ihrem neuen Frontmann auf jeden Fall einen guten Fang gemacht, welcher die Band hoffentlich über die nächsten Jahre begleiten wird.