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Querbeat ZMF Freiburg | 30.07.2023

Man könnte meinen, die Macher des Freiburger Zelt-Musik-Festivals hätten sich für den anstehenden Abbau des Zirkuszeltes etwas ganz Raffiniertes einfallen lassen: „Lassen wir am letzten Abend doch einfach die Brasspop-Combo Querbeat aufspielen. Die reißen das Ding schon ab…“, könnte man meinen, waren ihre Gedanken. Tags zuvor allerdings rockte die 13-köpfige Formation mit ihren zig Blechblasinstrumenten noch ihr eigenes Festival „Randale & Freunde“ in der Bonner Rheinaue. Ob die Energie für eine fachmännische Demontage also tatsächlich ausreichen würde?

Ich weiß nicht, ob ihr’s mitbekommen habt. Wir haben gestern das größte Konzert unseres Lebens gespielt. Dann sind wir aber nachts nicht nach Hause gefahren, sondern gemeinsam in den Bus gestiegen und ins wunderschöne Freiburg gefahren.

Ehrlich gesagt war das vorweg aber nicht mein einziger Grund zur Skepsis. Auch die Tatsache, dass die Band hauptsächlich mit dem Kölner Karneval in Verbindung gebracht wird – von dem ich ungefähr so weit entfernt bin wie Liam Gallagher von Brüderchen Noel –, ließ mich zunächst zweifeln, ob das wirklich das richtige Konzert für mich sein würde.

Und ja, es gibt hier und da Kölsche Texte mit Bezug zur fünften Jahreszeit („Nie mehr Fastelovend“ oder „Tschingderassabum“). Vordergründig erkennt man aber schlicht, dass die Combo ihrem vorauseilenden Ruf einer exzellenten Live-Band zu 100 Prozent gerecht wird. Schon nach den ersten paar Takten wusste man nicht wie einem geschieht, wohin man bei dem ganzen Gewusel auf der Bühne schauen sollte. Ihr Publikum hatten die Bonner so von Minute eins fest im Griff.

Die Freiburger Zuhörerschaft nahm das Angebot zum gemeinsamen Abgehen bereitwillig an, grölte mit, sprang, pogte, bildete Circle-Pits und Gassen – zum Teil unter Anleitung von Frontmann Jojo Berger.

Habt ihr Bock auf Tiere?

Gemeint waren zwei große Aufblas-Flamingos, die auf die Bühne gebracht wurden und Vehikel für ein Crowdsurfing-Rennen sein sollten. Für den Spaß wurden dann zwei Freiwillige („Wer will sich hier in Freiburg unsterblich machen?“) auf die Bühne geholt. Von dort ging es einmal zum FOH und zurück, nicht ohne einen gewissen Schwund. Wieder auf der Bühne, tanzten die beiden Jockeys dann zu „Ich schlaf nicht“ zusammen mit der Band und hatten ganz bestimmt den Abend ihres Lebens.

Nach rund 40 Minuten zogen sich die Musiker dann erst einmal von der Bühne zurück. Erste Ermüdungserscheinungen? Verschnaufpause? I wo! Jojo Berger und ein paar Blechbläser kamen stattdessen mitten ins Publikum, stellten sich auf Bierkästen, auf denen sie dann, sich langsam drehend, mit dem Programm weitermachten. So folgte erst einmal das etwas ruhigere „Bunte Pyramiden“, das allerdings auch tolle Mitsing-Momente bot. Danach steigerte die Kapelle das Tempo wieder, mit ihrem „Cover-Hits don’t lie“-Pop-Medley: „Freestyler“ (Bomfunk MC’s), „Industry Baby“ (Nil Nas X), „Get Ur Freak On“ (Missy Elliott), „Would You…?“ (Touch & Go), „Hips Don’t Lie“ (Shakira), „Crazy in Love“ (Beyoncé).

Einer der Höhepunkte war das Stück „Romeo“, das einfach das größte Mitgröl-Potenzial bot (mit Scooter’schen „dö-dö-döp“-Vibes). Danach und dem anschließenden „Ja“ war dann nach rund 70 Minuten das Hauptprogramm vorbei, und die Band verließ die Bühne. Das Publikum forderte energisch mehr, griff einfach wieder die „dö-dö-döp“-Gesänge auf, grölte lauthals einfach weiter.

Natürlich kam die Band auch wieder zurück, mit der ersten Zugabe „Heimatkaff“. Im Anschluss spielte sie die ersten Takte von „Can’t Stop“ (Red Hot Chili Peppers) an, was schon für viel begeistertes Feedback sorgte. Als dann aber klar wurde, dass der Song zu „Guten Morgen Barbarossaplatz“ mutieren würde, schob das noch einmal eine Extra-Schippe Kohle ins Feuer. Auf diesem Höhepunkt folgte dann noch die dritte und letzte Zugabe „Randale & Hurra“. Dann war Schluss, und die wilden 13 ließen sich ausgiebig feiern, bedankten sich, waren sichtlich auch auf ihre Kosten gekommen.

Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage lautet also: Ja, auch nach dem Auspowern am Vorabend und der stundenlangen Anreise musste die Band offensichtlich keinen Gang zurückschalten. „Mit den richtigen Leuten“ – das Freiburger Publikum hatte großartig mitgemacht! – trieben sich Querbeat noch einmal zur Höchstform an.

Wir sind Querbeat. Wir sind jetzt nass für heute. Danke Freiburg!

Fazit: Qooles ZMF-Abschlusskonzert einer großartigen Live-Band – und, Leute, lasst euch da von dem Karneval-Thema nicht irritieren! Mit nicht einmal ganz 90 Minuten (Setlist: siehe unten) war der Abend leider auch ein bisschen Qurz — dafür aber umso intensiver!

Galerie:

Setlist:

  1. Früher wird alles besser
  2. Woiswaslos
  3. Freaks
  4. Nie mehr Fastelovend
  5. Bisschen Major Tom
  6. Tschingderassabum
  7. Ich schlaf nicht
  8. Bunte Pyramiden
  9. Pop-Medley „Cover Hits don’t lie“
  10. Du und deine Disko (Renate)
  11. Romeo
  12. Ja
  13. Zugabe: Heimatkaff
  14. Zugabe: Guten Morgen Barbarossaplatz
  15. Zugabe: Randale & Hurra

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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