Samy Deluxe & das DLX Ensemble – „SaMTV Unplugged“
26.07.2019 ZMF, Freiburg
Letztes Jahr wurde Samy Deluxe, erst als fünftem deutschen Hip-Hop-/Rap-Act überhaupt, die Ehre zuteil, ein Konzert für die beliebte “MTV Unplugged”-Reihe zu spielen. Dafür lud der Hamburger dann zahlreiche musikalische Gäste auf ein Schiff im Hafen seiner Heimatstadt ein: naheliegende, wie Max Herre, Jan Delay, Afrob und Megaloh genauso wie nicht ganz so naheliegende wie z.B. Nena oder Xavier Naidoo.
Mit dem Programm seines “SaMTV Unplugged”-Konzertes ist er nun, zusammen mit dem “Dlx Ensemble”, auf Tour durch die Republik, die ihn, fünf Jahre nach seinem letzten Gastspiel auf dem Zelt-Musik-Festival (hier unser damaliger Bericht), am vergangenen Freitagabend wieder ins Zirkuszelt am Freiburger Mundenhof geführt hat.
Dort wurde es dann um kurz nach 20 Uhr ziemlich voll auf der Bühne: Auf eine kleinen Erhöhung versammelten sich zwei Schlagzeuger (der eine war schon ein paar Tage vorher bei Max Herre dabei), ein Gitarrist, ein Keyboarder, drei Background-Sängerinnen, Kontrabass, Bläser, Streicher, … — vermutlich habe ich noch nicht einmal alle erfasst, denn die hintere Reihe glich einem Wimmelbild.
Vorne sprang natürlich zunächst einmal der Hauptakteur Samy Deluxe umher, aber auch Gäste wie sein ASD-Kollege Afrob oder Fantasma Goria im extravaganten Dress kamen hier und da dazu.
Das Ganze bezog sich ja eben auf das Unplugged-Konzert. Das bedeutete aber übrigens nicht, dass hier irgend etwas reduzierter oder leiser klang. Also nicht so wie Nirvana mit Akustik-Klampfe. Beat und Bass drückten hier ordentlich aus den Lautsprechern. Das machte natürlich zum einen Laune, machte es aber den Streichern und Bläsern eher schwer, richtig zur Geltung zu kommen.
Auch was die Setlist (siehe unten) angeht, orientierte man sich natürlich vor allem an “SaMTV Unplugged”. Knapp drei Viertel der SaMTV-Setlist wurde letztendlich in anderer Reihenfolge gespielt. Vereinzelt kamen aber auch noch Songs hinzu, die auf der MS Bleichen nicht dabei waren. Vieles war natürlich auch politisch gefärbt — beispielsweise “MiMiMi”, “Adriano”, “Weck mich auf”. Samy Deluxe kann als “Mitbürger mit Migrationshintergrund” eben viel vom Alltagsrassismus hierzulande aus erster Hand berichten und musikalisch verarbeiten. Daneben gab es aber auch ruhigere und persönliche Songs und Momente. “Superheld”, beispielsweise, das Samy Deluxe für seinen Sohn geschrieben hat und zu dem er sich auf einen Barhocker setzte und im Publikum Feuerzeuge geschwenkt wurden. Oder das gleich darauf folgende “Von dir Mama”, mit dem er sich bei seiner Mutter bedankt.
Zum vorläufigen Finale wurde dann “Sneak Preview” ausgepackt. Der Text passte schon sehr: Nein, ich meine nicht das “Typen/Ladies schreit ma’ und seid ma’ so laut ihr könnt!”, mit dem die Stimmung noch einmal auf das Höchstmaß angepeitscht wurde. Ich meine das nachfolgende “Lasst das Thermometer steigen bis das Haus hier brennt!”. Achso, ich bin ja noch gar nicht auf das Raumklima zu sprechen gekommen. Sagen wir so: “Gebrannt” hat es nur im übertragenen Sinne — vermutlich nur dank der hohen Luftfeutigkeit –, aber von den Klimaanlagen war tatsächlich nichts zu spüren. Möglicherweise weil das Zelt offenbar nahezu ausverkauft war. Die Klamotten waren jedenfalls auch ohne Bewegung schnell durchgeschwitzt, die Haut dauernass.
Nach dem Song, zu dem die Menge lautstark mitgemacht und bewegungsfreudig mitgesprungen ist, verließ die Band also ca. 100 Minuten nach Konzertbeginn erst einmal die Bühne. Als sie wieder zurückkamen, stellte Samy stolz seinen Sohn Elijah Malik vor, der zunächst die Beatbox für Papa Samy machte und anschließend einen eigenen Song (?), zum Teil in Englisch, zum Teil auf Deutsch, zum Besten gab.
Mit “Let’s Go!” wurden dann die letzten Energiereserven verballert und auch noch die letzten Tropfen Schweiß aus den Poren gepresst. Und schon wieder so passende Lyrics: “Wenn ihr den Schweiß hier fühlt, schreit: GO!” — Nein, das wurde nicht wirklich umgedichtet. Tatsächlich blieb es beim “Wenn ihr den Scheiß hier fühlt…”
Nach etwa 110 Minuten ging die ganze Truppe dann wieder von der Bühne. Es war schwer abzuschätzen, ob da noch etwas kommen könnte. Das Publikum machte jedenfalls keine Anstalten das Zelt zu verlassen und forderte lautstark einen Nachschlag. Etwas später lief dann aber Musik vom Band, noch einmal kurz danach wurde das Licht heller. Trotzdem wurde munter weiter Lärm gemacht und so ziemlich alle blieben stehen und machten sich Hoffnung.
Dann ging es aber doch ganz schnell: Jemand kam auf die Bühne und sagte: “Wir erwarten ein schweres Unwetter und möchten alle bitten, das Gelände zu verlassen und wenn möglich Schutz in Autos zu suchen.”. Eine halbe Stunde würde dafür ungefähr noch Zeit bleiben. Und tatsächlich: Draußen kündigten den Staub umherblasende Windböen und kurz aufeinander folgende Blitze ungemütliches Wetter an.
Das war, glaube ich, Premiere. Das ganze Gelände wurde “evakuiert”. Alle Fußgänger (Nüchterne wie Betrunkene, die Straßenschilder umherschwangen), Fahrrad-, Shuttlebus- und Autofahrer strömten zeitgleich vom Mundenhof — oder versuchten es zumindest. Natürlich blieb es beim Versuch der Gleichzeitigkeit. Ob es alle rechtzeitig ins Trockene geschafft haben, bleibt fraglich.
Zusammengefasst, also: Großer Auftritt von Samy Deluxe, das Publikum begeistert, das Zeltklima extrem schweißtreibend, das Ende des Abends abrupt und ungemütlich. Angesichts der Setlist kann man aber immerhin davon ausgehen, dass da auch ohne Unwetter nichts mehr angehängt worden wäre.
Setlist:
- Das Boot
- Posie Album
- Intro Medley
- Wer ich bin
- Mein Flow
- Mimimi
- Adriano
- Zurück zu Wir
- Ego
- Exodus
- Superheld
- Von dir Mama
- Eines Tages
- Hände Hoch
- Dynamit!
- Touch it
- Füchse
- Grüne Brille
- Haus am Mehr
- Fantasie
- Weck mich auf
- Sneak Preview
- Freestyle (Zugabe)
- Elijah Tune (Zugabe)
- Let’s Go! (Zugabe)