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Faith No More – Sol Invictus

Nachdem man sich 2009 mit einem großen Knall wieder zusammentat wusste wohl auch die von Sänger Mike Patton, Gitarrist John Hudson, Bassist Billy Gould, Keyboarder Roddy Bottum und Schlagzeuger Mike Bordin reaktivierte Band Faith No More noch nicht, wohin die Reise geht. Tatsächlich stand mit dem Quintett das Line-Up, mit dem man sich 1998 verabschiedete. Das Publikum der großen Festivals und auch der geräumigeren Hallen feierte die gelinde gesagt mittlerweile gut abgehangenen Songs aber dermaßen dankbar, dass die Band sich zu immer weiteren Auftritten hinreißen ließ, diesseits wie jenseits des großen Teichs, sowie in Chile, Brasilien, Japan und Australien. 11 Jahre nach dem Split war man also noch immer ein mächtiger Global Player für die Mainstages zur Prime-Time. Man ging die Auftritte aber auch mit Bedacht an, dass sich eine Setlist 1:1 wiederholte kam wohl nicht vor, wie auch, bei einem stattlichen Repartoire von an die 80 Songs, die man seit der Reunion spielte. Vom allerersten Album „We Care A Lot“ bis hin zu „Album Of The Year“ wurde also nicht unbedingt ein Best-Of-Set heruntergezockt, vielmehr kamen immer mal wieder Songs zum Zuge, die ansonsten eher keine Berücksichtigung fanden. Zwischendurch macht man sich den Spaß, immer mal wieder einen Coversong einzubauen, oder man gab ihn gleich mit der Original-Band zum besten, wie etwa mit den Sparks in San Francisco. Auch wurde der 1988 aus der Band geworfene Sänger Chuck Mosley mal wieder für die Zugabe engagiert. Jede Show ist also sogesehen ein Unikat.

Zur Geschichte der Band braucht also eigentlich nichts mehr gesagt werden, zum Einfluss, den man auf Bands wie Korn, System Of A Down etc. hatte wohl auch nicht. Spätestens nachdem bei einer Live-Show zum ersten mal der Song „Matador“ gespielt wurde, war da der Wunsch nach neuem Material, dem sich die Band bis dahin sehr skeptisch gegenüber gab, wollte man doch auf keinen Fall ein laues, halbgares Reunion-Album aus dem Boden stampfen. Auch weiterhin wurden die Informationen bei sporadischen Auftritten auf ganz kleiner Flamme gekocht, Patton, Bottum, Gould, alle waren sie auch immer wieder mit anderen Dingen beschäftigt. Im Herbst 2014 dann die Nachricht: Es werde!

Wieder sind FNM momentan auf den großen Bühnen zu Gange, und diesmal kann man sich als Fan auf weitere neue Songs freuen. „Sol Invictus“, das neue, siebte Studioalbum erscheint 18 Jahre nach seinem Vorgänger „Album Of The Year“. Mit „Matador“ gab man zur Live-Premiere den längsten, ausschweifendsten Song, einen dunklen Epos mit unverhältnismäßig breitem Pianoanteil zum Besten; man gibt sich gerne unberechenbar und auch nicht allzu viel Mühe, es den Hörern allzu einfach zu machen. Ungleich zugänglicher dann „Motherfucker“, das Duett von Bottum und Patton, ein Song, der es zur Kulthymne bringen kann ähnlich „Epic“ oder „Midlife Crisis“. Eröffnet wird das Album vom gleichnamigen Titelsong „Sol Invictus“, kein Gitarrenkavalierstart wie bei „Collision“ vom letzten Album, sondern geradezu zarte Pianioklänge, die tiefe Stimme Pattons, ein Refrain, der durchbricht wie Sonnenstrahlen durch ein Loch in der Wolkendecke, wohlige Schauer inklusive. „Superhero“ dann mit dem charakteristisch psychotischen Geschrei und einem Gitarrensound, den man so eigentlich von Ex-FNM-Gitarrist Jim Martin kennt. „Separation Anxiety“ versprüht dann auch den düsteren Charme des „Angel Dust“-Albums, inklusive der Keyboardteppiche und dem schizophrenen Gesang. „Cone Of Shame“ ist ebenfalls ein intensiver Trip, ein Blues Noir mit massiven Gitarrenwänden. „Black Friday“ ist geprägt von den akustischen Gitarren, über die sich dann die übellaunige E-Gitarre schiebt, dieser Song hat so ein gewisses Psycho-Country-Feeling, und es ist schon unerhört, wie sich der Gesang von Patton einfügt.

Majestätisch, schizophren, krank, erhaben: Mit „Sol Invictus“ lassen Faith No More ein Monster von einem Spätwerk auf die geneigte Hörerschaft los, das sich anpirscht, im richtigen Moment zupackt, die Beute, respektive den Hörer durchschüttelt, liegen lässt und umherschleicht, um ihn dann wieder durchzuschütteln, durchzukauen und an die Wand zu spucken. Zu den Takten des versöhnlichen Schlusstracks „From The Dead“ gleitet man dann selig die Wand abwärts. Melodie, Härte, experimentelles Chaos, Überraschungen und ein Funken Genialität: „Sol Invictus“ hat alles, was ein würdiges Faith No More Album braucht. Und es wäre kein FNM-Album, wenn die Lieblingssongs nicht immer mal wieder wechseln.

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Über den Autor des Beitrags

Chris

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