Panic! at the Disco – Too Weird to Live, Too Rare to Die!
Es sind immerhin auch schon wieder rund acht, neun Jahre, die seit dem Geniestreich-Debüt “A Fever You Can’t Sweat Out” vergangen sind. Ein Album, von dem nahezu jedes Stück auf Anhieb einschlug, und das auch nach x-maligem Hören kein bisschen eingebüßt hat.
Für die nachfolgenden zwei Platten änderten PatD ihren Sound dann aber stark. Größtenteils war es nun nicht mehr dieser abgefahrene Barock-Pop-Punk. Dafür dominierte immer mehr der poppige Part.
Auch mit dem vierten Studioalbum, das nun den Fans präsentiert wird, hält die Band den eingeschlagenen Kurs in etwa bei. Frontmann und Songwriter Brendon Urie verpackte und verarbeitete darin sehr persönliche, teils schmerzhafte Erlebnisse seines Lebens. Inspiriert sind die Stücke aber von ihrer Heimatstadt Las Vegas, zu der sie ihre Liebe neu entdeckt haben. Ein Tribute irgendwie – vielleicht sogar ein Hauch von Konzeptalbum. Urie war jedenfalls so angetan von einer Club-Atmosphäre in Vegas und wollte eigenen Aussagen nach Musik mit fortwährendem Beat machen, der die Leute auf den Tanzflächen begeistert.
Das insgesamt elektro-lastigere Album startet mit den ersten beiden ausgekoppelten Singles: das hymnenartige “This Is Gospel” und das düster angehauchte “Miss Jackson”, in dessen Video Urie blutverschmiert in einem Motel-Zimmer umher irrt, während eine weibliche Leiche auf dem Bett liegt. Der Titel ist an einen Song von Janet Jackson angelegt, bzw. an einen Satz daraus, der es in den USA zum geflügelten Wort in der Umgangssprache geschafft hat. Man mag es so kaum vermuten, aber es geht letztlich um Betrügereien und Herzschmerz. Zwei leider recht kurze Parts trällert hier die amerikanische Soul-Sängerin Lauren Pritchart alias “Lolo”.
So sind also gleich zu Beginn schon zwei Trümpfe ausgespielt. Beides ganz ordentliche Stücke. Das wirkliche Highlight sehe ich allerdings im darauf folgenden “Vegas Lights”, das natürlich am ehesten den Vegas-Bezug zeigt, und das mit seinem pumpenden Beat wohl auch am besten für Dancefloors geeignet ist. Die Refrains bleiben mit ihrem “five-four-three-two-one” sofort im Ohr. Danach überzeugt vor allem “Nicotine” mit seinen catchy Refrains. Es hat zwar auch sehr viel Energie, dürfte aber auf Grund einiger Pausen wohl nicht ganz so für den Tanzschuppen geeignet sein.
Was ist sonst noch zu erwähnen?… Vielleicht das Elektro-Pop-Stück “Girl That You Love”, das durch seine Synths und die etwas robot-artig verzerrte Stimme Uries (die hier kaum eindeutig wiederzuerkennen ist) extrem retro klingt. Hätte so auch 15 Jahre vor dem Jahrtausendwechsel entstanden sein können – im positiven Sinne. Vielleicht auch das durchhopsende, radiotaugliche “Girs/Girls/Boys”. Eher aber noch das imposante “Casual Affair” mit seinen Stimm-Spielereien – die zugegebenermaßen recht nett sind.
Insgesamt fällt auf, dass die interessanten Stücke in der ersten Hälfte platziert sind, während das Album gegen Ende etwas abschüssig ist. “The End of All Things” lässt schließlich ganz ruhig, nur mit Piano, Streichern und einer effektbeladenen Stimme, die sich fast mit den Streichern vermischt, die Scheibe ausklingen.
Darauf, dass “Too Weird to Live, Too Rare to Die!” für die Tanzflächen sein soll, wäre ich, ehrlich gesagt, selbst niemals gekommen. Es ist auch bei weitem weder so schweißtreibend noch so innovativ wie das Platin-Erstwerk.
Allerdings bin ich auch jemand, der sich wandelnde Bands interessant findet. Ich möchte deshalb nicht nörgeln. Es sind weiterhin einige gute Ideen vorhanden und Brendon Urie sorgt mit seiner außergewöhnlichen Stimme für weitere Extrapunkte. Kurz: das Album hat auf jeden Fall einen näheren Blick verdient.Viele weitere CD-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index…