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Undiscovered Country 01 – Schicksal

Von einem Tag auf den anderen schottet sich die Weltmacht USA komplett von der Außenwelt ab. Niemand kommt mehr rein, keiner mehr raus. Die restliche Welt hat keine Ahnung, was der Sinn oder das Ziel dieser Maßnahme ist. Und da auch keine Nachrichten, keine Bilder, kein Funksignal, nicht einmal ein Byte an Information nach außen drangen, weiß auch 30 Jahre später niemand wie es im Inneren der Vereinigten Staaten von Amerika aussehen mag.
Klar, ihr habt nun sicherlich einige phantasievolle Theorien, wie sich ein solches Land in völliger Isolation entwickelt haben könnte. Aber das abgedrehte Szenario, das Scott Snyder und Charles Soule in ihrem Comic “Undiscovered Country”, bei uns erschienen bei Cross Cult, entworfen haben, das wird ganz sicher nicht annähernd etwas mit euren Vorstellungen zu tun haben…

30 Jahre nach der Abschottung der USA also, während der Rest der Welt mit einem tödlichen Virus namens Sky kämpft, erhält die Regierung der “Euro-Afrikanischen Allianz”, einem der beiden neuen großen Imperien, eine Videobotschaft aus dem abgeriegelten Land: “Nur weil Amerika seine Tore geschlossen hat, heißt das nicht, dass wir euch nicht mehr beobachten!”, lässt ein Typ, der gewisse Ähnlichkeiten mit Uncle Sam hat, darin verlauten. Aber nicht nur das: Amerika hätte ein Gegenmittel für Sky und sei zu Verhandlungen über die Weitergabe auf eigenem Boden bereit.

© Cross Cult

Da die Not groß ist, wird eine Delegation aus verschiedenen Spezialisten gebildet, die zum Verhandlungstermin in die USA fliegen soll. Mit dabei: Dr. Charlotte Graves, die als Epidemiologin und Ärztin viel Erfahrung im Zusammenhang mit dem Sky-Virus hat, Dr. Ace Kenyatta, der als Experte für die Amerikanische Kultur gilt, und die Journalistin Valentina Sandoval, die die Mission dokumentieren soll. Dazu noch zwei Diplomaten der beiden Imperien und zwei Militärs.
Schließlich sitzen die Sieben in einem Helikopter und fliegen vom Pazifik aus in den US-amerikanischen Luftraum über dem ehemaligen Kalifornien. Obwohl der Helikopter den zuvor freigegebenen Korridor nicht verlässt, wird er, ein paar Hundert Meilen von der Küste entfernt, vom Himmel über der Wüste geschossen. Verunsichert und ohne Fortbewegungsmittel versucht die Gruppe, ihre Kontaktperson und schließlich das Missionsziel trotzdem zu erreichen und das Heilmittel zu bekommen.

Bis hierhin wird das Ganze wirklich spannend und zeitlich verteilt erzählt. Der abgedrehte Teil kommt aber jetzt erst. Denn das unbekannte Amerika offenbart sich Stück für Stück als ein schier grenzenloser Mix aus Postapokalypse à la Mad Max, Steampunk, Science-Fiction und einer Wildwest- und Fantasy-Welt. Anarchie pur!
Beispiele gefällig? Da wären vermummte Wüstenbanden, die auf riesigen Erdwürmern durch die Prärie reiten und nicht minder große Meerestiere vor ihre rostigen, antriebslosen Autos gespannt haben. Da wäre ein ganzer Walmart (ja, wirklich, ein Walmart!), der auf Rädern durch die Wüste dampft. Und da wäre ein äußerst brutaler Herrscher, der Destiny Man, der mit seinem wiederum futuristischen Outfit der irgendwie ähnlich irrwitzigen Space-Opera “Saga” (von Brian K. Vaughan und Fiona Staples) entsprungen sein könnte.

© Cross Cult

Vom zunächst realistischen Szenario aus, entdeckt man also zusammen mit der Delegation quasi ein ganz neues Universum. Die Suche nach dem Heilmittel bleibt für das Team zwar das eigentliche Ziel. Was die Geschichte betrifft, gerät das aber recht schnell etwas in den Hintergrund. Es geht stattdessen vielmehr darum, gemeinsam zu überleben und vor allem einen Weg zurück zu finden. Und dazu muss sich die Truppe wohl mit dem überaus strangen Sam Elgin (der zuvor schon erwähnte Uncle Sam-Verschnitt) verbünden und vor allem erst einmal noch tiefer ins unbekannte Amerika abtauchen.

Ich bin mir nicht ganz schlüssig, aber ich denke, der Comic will beides: Den American Way zelebrieren und gleichzeitig auch kritisieren. Jedenfalls haben Scott Snyder und Charles Soule mit “Undiscovered Country” eine Comic-Idee entworfen, die ihnen grenzenlose Freiheit sowohl in der Story als auch in der Gestaltung lässt — diesbezüglich lässt sich ebenfalls ein Vergleich zu “Saga” ziehen. Bis hierhin macht das Ganze — fast noch mehr, was die zeichnerische Arbeit des Künstler-Trios angeht — ordentlich Spaß, und man darf gespannt sein, ob der zweite Band (“Einheit”) wirklich wieder eine komplett andere US-“Welt” beschreibt.

Eine Online-Leseprobe mit ein paar Seiten findet ihr auf der Verlagsseite zum Buch bei Cross Cult.Viele weitere Comic-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index

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Über den Autor des Beitrags

Gerald

Hört so ziemlich alle Genres querbeet, von Heavy bis Electro, von Folk-Pop über World und Rock bis Hip-Hop. Ehrliche, handgemachte Musik ist aber noch die beste und Radio-Rotation ist evil. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ist zudem hauptsächlich für unsere Comic-Abteilung verantwortlich und spielt hin und wieder auch gerne mal an der (Nintendo-)Konsole.

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