Philipp Poisel (Support: Kati K) ZMF Freiburg | 22.07.2023
15 Jahre bespielt Singer-Songwriter Philipp Poisel nun schon die Bühnen der Republik und doch war er (ich hoffe mir ist bei meiner Recherche nichts durch die Lappen gegangen) bisher nur einmal auf dem Freiburger Zelt-Musik-Festival zu Gast – und das war schon 2008, also noch ganz am Anfang seiner Karriere. Und selbst in anderen Venues der Region hat man wenig vom Ludwigsburger Liedermacher gehört: 2017 auf dem Marktplatz in Emmendingen, 2018 mit einem Stopp auf der „10 Jahre Clubtour“ im Haus der Jugend (wir berichteten), das dürfte es gewesen sein. Der Hunger der Freiburger nach Poisel’scher Pop-Poesie dürfte also groß wesen sein.
Zum Ausverkauf des großen Zirkuszelts hatte es zwar leider nicht ganz gereicht, trotzdem hat schon zum Support-Auftritt von Kati K eine so große Menschenmenge die Manege bevölkert, dass gleich zu Beginn des Konzertabends eine ganz gute Stimmung aufkommen konnte. Und das, obwohl die junge Münchnerin, die mit ihren Gesangs-Cover-Videos bei Instagram und TikTok durchaus schon ein paar Hunderttausend Fans gewonnen hat, ausnahmslos melancholische und eher ruhige Musik zum Besten gab.
Nur von einer Akustikgitarre begleitet, sang sie einige eigene Lieder, in denen es meist um Liebe, Freundschaft und Trennungsschmerz geht. Auch Covers brachte das Duo im 30-minütigen Set unter: Neben einem Stück von Philipp Dittberner auch „Another Love“ von Tom Odell, bei dem sie die Zuhörer dazu animierte, die Blitzlämpchen ihrer Smartphones für ein Lichtermeer anzuschalten. Das funktionierte erstaunlich gut und sorgte für einen ersten kleinen magischen Moment des Abends. Aber auch bei ihrem Song „Liebesbeweis“ (Namensgeber für ihre 2024 folgende Tour), machten viele im Publikum mit und kamen der Aufforderung nach, ihren Nachbar zu umarmen.
Hut ab! Sowohl vor der Musikerin, die es eben trotz der traurigen und reduziert dargebotenen Musik und als Support-Act schaffte, das Publikum so mitzunehmen und irgendwie auch vor dem Publikum, das ihr dabei so offen begegnete.
Galerie Kati K
Bis 20:45 Uhr waren dann immer mehr „froh dabei zu sein“-Shirts zu sehen, auch wenn am Merch-Stand nur die aktuelle Neon-Kollektion angeboten wurde. Dann kam Philipp Poisel endlich auf die Bühne, um in Bandbegleitung, teils aber auch solo, einen bunten Strauß aus seinem mittlerweile vier Studioalben umfassenden Repertoire (Setlist: siehe unten) zu präsentieren.
Mit euch schließt sich der Kreis, Dankeschön! Was wären wir nur ohne euch! Ne Band ohne Publikum kann’s überhaupt nicht geben. Schön euch zu sehen! Vielen, vielen Dank!
Begrüßung nach dem ersten Lied
Es war eine abwechslungsreiche Mischung aus ruhigen, aber auch mal druckvoll gespielten Stücken. Für den sicher von vielen erwarteten Song „Froh dabei zu sein“ verzichtete Poisel sogar nahezu komplett auf Verstärkung und ließ weite Teile von den Fans singen. Anfangs klappte das eher mäßig, in den hinteren Reihen war zuerst kaum etwas zu hören. Das besserte sich aber schnell, und die Unterstützung wurde immer größer. Begeistert von diesem Moment gab es den bis hierhin größten Applaus vom Publikum.
Persönlich muss ich allerdings gestehen, dass mir eine „volle“ Version eines meiner Poisel-Favorites lieber gewesen wäre, eine, die das Leben fröhlich feiert, wenn auch mit einem weinenden Auge.
Wir haben jetzt kein Orchester dabei, aber wir haben schonmal die Lampe mitgebracht.
Zur geplanten „Neon“-Orchester-Tour und der Bühnen-Beleuchtung
Zwei weitere Highlights waren „Zünde alle Feuer“ und vor allem „Ich will nur“, bei dem die Menge äußerst textsicher und kräftig mitgesungen hat. Gänsehaut! Dann allerdings verließ die Band nach „Erkläre mir die Liebe“ die Bühne. 70 Minuten waren bis hierhin gespielt. Sollte es das gewesen sein und nur noch zwei, vielleicht drei Zugaben folgen? Bestimmt zwei Minuten verstrichen. Das Publikum machte aber fleißig Krach.
Und natürlich kam die Band wieder. Aber es folgten sogar noch einmal fünf Songs, unter anderem „Liebe meines Lebens“, das wieder sehr reduziert und zusammen mit dem Publikum gesungen, etwas Lagerfeuer-Romantik versprühte, „Bis nach Toulouse“, das Poisel kurioserweise selbst als „Marseille“ ankündigt und „Als gäb’s kein Morgen mehr“, das mit wilden Tanzeinlagen und den gestreckten „Ohh-oh-ohhhh“-Mitmach-Chören eigentlich einen fulminanten Schlusspunkt hätte setzen können. Tatsächlich ließ die Band aber noch „Wie soll ein Mensch das ertragen“ folgen, zu dem als eines der populärsten Stücke natürlich noch einmal lauthals mitgesungen wurde.
Sichtlich angetan von der Atmosphäre — Poisel ging sogar kurz auf die Knie — verabschiedete sich die Band dann nach mittlerweile 110 Minuten Spielzeit noch einmal von der Bühne.
Da offensichtlich noch eine Zugabe drin war, riss der Beifall aber natürlich nicht ab. Und tatsächlich wurde das Freiburger Publikum mit drei weiteren Songs belohnt. Mit „Ich und du“ und nach sage und schreibe rund 130 Minuten war dann auch dieses großartige Konzert vorbei.
Galerie Philipp Poisel
Setlist Philipp Poisel
- Wunder
- Roman
- Halt mich
- Eiserner Steg
- Alt und grau
- Mein Amerika
- Froh dabei zu sein
- Benzin
- Wie viele Sommer
- Zu weit
- Zünde alle Feuer
- Ich will nur
- Stereo
- Erkläre mir die Liebe
- Liebe meines Lebens
- All die Jahre
- Bis nach Toulouse
- Als gäb’s kein Morgen mehr
- Wie soll ein Mensch das ertragen
- Zugabe: Auge des Sturms
- Zugabe: Durch die Nacht
- Zugabe: Ich und du