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Equilibrium – Renegades

Zwischen Hell und Dunkel, mal im Licht, mal im Schatten, dort wandeln die Epic-Metaller von Equilibrium seit nunmehr 18 Jahren. Seit der Gründung 2001 sind 5 Alben entstanden und zum achtzehnten Geburtstag gibt es nun Nummer Sechs.  „Renegades“ ist ein rebellischer Teenager, bei dem die entfernte Tante ihren süßen Bub nicht mehr wieder erkennt, die Eltern immer noch wissen das es ihr Sohn ist, und die aktuellen Kumpels eine fette Party feiern.

Equilibrium ist im Wandel, verändert sich, hat mit Clean Vocalist und Bassist Skar neue Verstärkung bekommen und ist dennoch dieser rebellische Teenager der noch nicht so richtig weiß wo er hinwill und deshalb erstmal versucht jeden zufrieden zu stellen. Das kann funktionieren, ist aber mit großen Strapazen verbunden. Auf wessen Seite die liegen, hören wir uns einfach mal an.

Das Album startet mit dem gleichnamigen Titeltrack „Renegades“ der passenderweise noch den Untertitel „A lost generation“ trägt. Satte Gitarren in gewohnten Riffs mit einem modernen Blast Beat begrüßen uns, bevor Robse in gewohnter Manier in Mikro growlt. Die erste Bridge zieht uns eine eingängige Synth-Melodie und führt uns in den nächsten Growl-Part. Das Spiel wiederholt sich noch ein paar Mal bis zum großen Finale. Klingt modern aber spielt auch gekonnt mit den alten Tugenden der mittlerweile Sechs Musiker, die sich von den Fesseln des Pagan-Metal gelöst haben.

Weiter geht’s mit einem „Tornado“. Das Intro ist wieder bekannt, doch dann legt zum ersten Mal Neuzugang Skar mit klarem Gesang los. Live konnte ich mich schon von seinen Qualitäten überzeugen, in diesem Song wirkt er ein wenig überproduziert. Zu glatt und sauber klingt die Stimme, zu nah an aktuellen Metalcore Bands, zu wenig rotzig. Der Kontrast zum growlenden Robse ist zwar interessant aber bei weitem kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Ach das Songwriting mit bösen Drops und Breakdowns nimmt viele Elemente der aktuellen Core-Szene auf. Die Equilibrium typischen Synth- und Gitarren Melodien können da zwar noch etwas retten, richtig stimmig ist das Ganze leider nicht.

Okay, nächster Song und es wird Deutsch. „Himmel und Feuer“ greift den Stil der ersten Platten wieder auf und könnte ohne Probleme auch auf „Sagas“ untergekommen sein. Hier finden sich auf jeden Fall die Traditionalisten wieder (also Tante Irmgard) und freuen sich, dass bei Ihrem Jungen doch noch nicht Hopfen und Malz verloren ist. Apropos Hopfen und Malz. Die Truppe rund um Lead-Gitarrist Berthammer ist ja durchaus auch für ihre Trinklieder bekannt. Soviel möchte ich schon mal Spoilern, auf dieser Platte wird es keinen Song dieses Subgenres geben. „Himmel und Feuer“ plätschert derweil im Hintergrund vor sich und schafft es nicht so richtig meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Schade, denn Potential ist in der Nummer drin.

„Path oft Deistin“ trägt ein „Feature“ im Untertitel. Was das ist, da gehe später drauf ein. Erstmal wird uns schon wieder Metalcore gereicht. Robse und Skar growlen und Singen um die Wette, die Gitarren legen fette Riffs darunter, der Drumbeat ist abgehackt. Könnte auch „Any Given Day“ aus demselben Stall (Nuclear Blast) sein. Spätestens als ein satter Breakdown einsetzt ist klar dass noch was kommen muss. Und jetzt Bitte alle Omis und Tanten die Ohren zuhalten. Es gibt eine massive Einlage von „The Butcher Sisters“, die mit plärrendem Rapcore in den Song einsteigen. Wow, das war ungewohnt, aber ist das noch Equilibrium?

Mit „Moonlight“ dürfen wir uns erstmal wieder in alte Muster zurückbewegen. Ein Song der auch gut zum letzten Album „Armageddon“ gepasst hätte. Klare Melodien, saubere Riffs, Robse in Hochform und dann greift doch wieder Skar mit sehr passendem Clean-Gesang ein. Eine seichte Melodie in der Bridge, die sanft von den Synths getragen wird, durch Drums und Riffs angefeuert wird, bis sie sich im Finale explosiv entfaltet. So kennt man Equilibrium, für diese Art Song wurde sie geschätzt, damit haben sie es auf die großen Bühnen gebracht. Mama und Papa sind stolz auf ihren kleinen.

Doch das Kaffeekränzchen auf der Geburtstagsparty wird jäh unterbrochen als die Crew des Jungen auftaucht. Wild und mit billigem Vodka bewaffnet stürmen sie das Wohnzimmer und hauen uns mit „Kawaakari“ eine neue Nummer um die Ohren. „The Periphery Of The Mind“ lautet der Untertitel und ja, wir sind wieder im Melodic Metal Core angekommen. Die Hookline „We are the ones“ lädt zum mitgröhlen auf Festivals ein, beim anschließenden „Burn, burn, burn“ will man sich ebenso wie Skar die Seele aus dem Leib schreien. Jetzt kann also die Party der Youngsters steigen.

Tante Irmgard weint noch kurz ihre „Final Tear“ als doch nochmal die alten Muster rauskommen. Zumindest melodisch sind die Wurzeln unverkennbar. Die Growls jedoch sind abgehakter, die Drums noch schneller und im Song ist weniger Fluss. Tempiwechsel dominieren „Final Tear“, der Teenager hadert mit sich und gibt uns erstmal eine leichte Vocal Bridge um uns im Finale zu zeigen – Ich bin ich! Hier verbinden sich beide Versionen von Equilibrium zu einer neun Person. Das Gleichgewicht ist hergestellt.

Dass wir in der moderne angekommen sind, verrät uns schon der kommende Titel. „Hype Train“ klingt im Intro nach moderner Electro-Musik, mit dominierenden Synths und satten Gitarren. Ein bisschen Eskimo Callboy, aber mit gutem Gesang. Die Melodie führt ins Chaos und auf einmal beruhigen uns die gesungenen Zeilen von Julie Elven die hier als Gastsängerin auftritt. Eine durchaus tanzbare Nummer die aber immer noch Raum für die Kopfnicker an der Bar lässt. Mama hadert, Papa findet es geil.

Letzte Nummer der Scheibe ist „Rise oft he Phoenix“. Langsam bringt uns ein dezentes Piano in Stimmung. Der Klangteppich wird weiter aufgebaut indem Berthammer und Dom Crey in die Saiten greifen. Hati massiert die Felle seines Drumkits und Skadi lässt die Finger über die Tasten fliegen. Erst nach knapp einer Minute platzt der aufgebaute Druck und entlädt sich mit massivem Einsatz der Drumsticks. Nach dem ersten High folgen ein weiteres Low und noch ein High. Skar verleiht dem Song durch seine Stimme nochmal eine weitere Dimension. Im Outro baut der Song sich genauso ab wie er sich aufgebaut hat, bis er komplett ausläuft und ein paar zwitschernde Vögel uns vom Ende dieser Platte berichten.

„Renegades“ spaltet! Auch ich muss zugeben, dass ich beim ersten Hören enttäuscht war. Was wohl heißt dass ich Tante Irmgard näher bin, als den aktuellen Kumpels. Wenn man die Platte mehrfach hört merkt man die Feinheiten, mit denen Equilibrium versuchen den Spagat zwischen beiden Welten zu schaffen. Die DNA der Band gibt einiges vor, und 18 Jahre sind eine Lange Zeit um sich an gewisse Spielweisen und Eigenarten zu gewöhnen. Doch genauso wie unser fiktiver Erwachsener sich verändert tut es auch diese Band. Durch Skar ist ein komplett neuer Einfluss in die Band gekommen, welcher fast wie die erste Freundin gesehen werden kann. Es kommen neue Schichten zum Vorschein, die vielleicht schon immer irgendwo geschlummert haben. Er weiß vielleicht noch nicht genau damit umzugehen, aber er probiert es mutig aus, auch mit der Gefahr eine Bruchlandung hinzulegen.

Ein solche ist das Album sicherlich nicht. Es ist ein solides Werk in der Geschichte einer Band die gerade versucht sich neu zu erfinden. Ob es einmal Einzug in die Geschichtsschreibung halten wird ist schwer zu sagen. Es wird ganz darauf ankommen, wer diese Geschichte schreibt. Ein Fan der ersten Stunden, oder einer der erst in den kommenden Jahren zu der Band stoßen wird.

Mit „Renegades“ zeigen Equilibrium auf jeden Fall, dass sie bereit sind sich neu zu erfinden und dennoch, wie ihr Name schon sagt, das Gleichgewicht zu halten. Die Scheibe ist am 23.08. bei Nuclear Blast erschienen und bei jedem Plattendealer erhältlich. Neben Zwei Vinyl Versionen (Rot und Schwarz) gibt es auch noch ein 2-CD Digi-Pack, wobei sich auf der zweiten CD eine 8-Bit Version des Albums befinden soll. Was es damit auf sich hat überlasse ich aber euch es rauszufinden.

 

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Über den Autor des Beitrags

Eightrocks

Hört am liebsten Symphonic- sowie Powermetal, kann sich aber auch für Pagan und Metalcore begeistern. Wenn er gerade einmal nicht mit Achterbahnen spielt, ist die Kamera im Anschlag.

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