Lykke Li – I Never Learn
“I think I’m a little bit in love with you” sang die schwedische Künstlerin 2008 auf ihrem Erstlingswerk “Youth Novels” als 22-Jährige. Auf dem Nachfolger “Wounded Rhymes” (2011) war die Stimmung schon gedrückter. Da war von unerwiderter Liebe die Rede, die Traurigkeit wurde als Segen bezeichnet und es hieß plötzlich “sadness is my boyfriend – oh sadness I’m your girl”. Und jetzt? Jetzt stellt Lykke Li ebenso betrübt fest, dass sie aus der Liebe wohl nie schlau werden wird – “I Never Learn”.
Während es auf den vorangegangenen Veröffentlichungen auch noch andere Themen gab, ist “I Never Learn” eine ganze Platte voller Liebeskummer, Einsamkeit, Enttäuschung, Verlassenwerden, Melancholie und düsterer Stimmung, aber auch, wenn auch nur zu einem kleinen Teil, Verliebtsein.
Musikalisch gesehen bleibt Lykke ihrem Stil treu. Oder anders gesagt: sie geht den bisher beschrittenen Weg weiter vorwärts. Im Vergleich zum noch sehr experimentellen Debüt klang “Wounded Rhymes” nämlich schon viel geschliffener und ihre Stimme erwachsener. Und einen ähnlichen Schritt kann man nun auch hin zu diesem dritten Album erkennen. Die Musik wirkt noch gereifter, gefeilter und selbstsicherer als zuvor. Das erscheint weder überraschend noch ungewohnt, aber eine so verspielt klingende oder rhythmische Lykke Li wie in “Little Bit”, “Get Some” oder “Youth Knows No Pain” findet sich in diesen neun Titeln nicht.
Lykke Li – No Rest For The Wicked from Lykke Li on Vimeo.
“Jeder Song auf dem Album ist eine Powerballade”, beschreibt die Künstlerin ihre neueste Musik selbst, und fügt an: “This is a slow dance, a slow burner”. Es ist ein Tanz. Einer, als würde niemand zusehen. Aber eben ein Tanz mit hängendem Kopf und Tränen in den Augen. Musikalisch zwar weniger polarisierend als zuvor, weniger kantig und deshalb doch nicht unbedingt radiotauglicher (Ausnahmen sind “No Rest For The Wicked” und „Gunshot“). Eine drückende Atmosphäre entsteht, die bis zum Ende anhält und die Bilder entstehen lässt.
Der stärkste Song der Sammlung ist “No Rest For The Wicked”, der auch als Single ausgekoppelt, schon vor der Albumveröffentlichung zu hören ist/war. Daneben sind auch der Titeltrack und “Gunshot”, das ebenfalls Single-Qualitäten beweist, als Anspieltipps zu nennen. Ersteres mit etwas Hall, großartigen Harmonien und toll instrumentiert. Das andere mit Rhythmus und überzeugendem Refrain (der von der Art her, finde ich, etwas an Chvrches erinnert). Wer nach den Besonderheiten der Platte sucht der sollte in das minimale “Love Me Like I’m Not Made Of Stone” reinhören, das nur mit hintergründiger Akustikgitarre und Lykkes leicht verzerrter Stimme auskommt. Oder in “Silver Line”, das mit seinen Gitarren und den Gesangs-Biegungen etwas Country-Style besitzt.
Es wird interessant sein, zu sehen, wie Album Nummer eins n.M.R. (nach “Magician Remix”) beim Publikum ankommen wird. Die mit Dance-Beat unterlegte Version von “I Follow Rivers” hat Lykke Li immerhin eine Aufmerksamkeit eingebracht, der Künstlern mit ihrer Art von Musik nicht selten versagt bleibt. Fragt sich: wieviele waren im Anschluss enttäuscht, auf “Wounded Rhymes” nichts für die Tanzfläche zu finden? – und für wieviele hat sich mit dem Album unerwartet aber nicht unwillkommen eine neue Tür geöffnet?
“I Never Learn” ist jedenfalls ein lykkenlos lykkenhaftes Album, ganz ohne Lykkenbüßer. Fans von Folk-Pop mit bezauberndem Gesang, mystischer Aura und hoher Melancholie-Dosis werden entzückt sein. Und Fans von Lykke sowieso.Viele weitere CD-Reviews findest Du übrigens in unserem alphabetischen Index…